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Erfolg dank treuer KFV-Fans
Konzert der Bürgerstiftung Kehl mit Dirigent Guschlbauer begeistert
Von Simona Ciubotaru; Fotos Erwin Lang
Am Sonntag fand in der Kirche St. Maria wieder das traditionelle Konzert der Bürgerstiftung Kehl statt. Es spielte das Kammerensemble Kehl-Strasbourg unter der Leitung des Wiener Dirigenten Theodor Guschlbauer.
Seit 2016 gibt das Kammerensemble Kehl-Strasbourg jährlich ein Konzert für die Bürgerstiftung unter der Leitung des Stardirigenten Theodor Guschlbauer. Die Musiker spielen ehrenamtlich, und mit den Spenden des Publikums wird die musikalische Förderung von Kindern und Jugendlichen aus finanziell benachteiligten Kehler Familien unterstützt. Guschlbauer hatte zum Konzert erneut herausragende junge Talente aus Straßburg mitgebracht: die großkalibrige Harfenistin Pauline Haas, dazu die brillante Klarinettistin Elsa Halm und die Koloratursopranistin Johanna Schumertl – mit einer absolut seltenen Stimme und Gesangstechnik. Die letzteren Zwei sind noch Studentinnen an dem Straßburger Konservatorium.
Das Konzert eröffnete das Orchester souverän mit Carl Otto E. Nicolais Ouvertüre aus der Oper, die ihn bekannt machte, „Die lustigen Weiber von Windsor“. Nicolai war ein deutscher Komponist und Dirigent, der die Wiener Philharmoniker gründete. Die Ouvertüre beginnt sehr leise und getragen, um darauf sich in einer Epik mit Wiener Zügen, lebhaft und tänzerisch, zu entfalten – subtil vom Kammerensemble gespielt. Abgerundet hat das Orchester sein Programm glanzvoll mit Joseph Haydns letzter Symphonie, Nr. 104, welche 1795 in London komponiert und uraufgeführt wurde.
Romantisches Ethos
Das Supertalent Elsa Halm spielte Carl Maria von Webers Klarinetten-Konzert Nr. 1 in f-Moll op. 73 – ein Werk mit einem typisch romantischen Ethos, das vom Solisten spieltechnisch sehr viel abverlangt. Weber hatte das Stück für den Klarinettenvirtuosen Heinrich Joseph Baermann komponiert und wurde von ihm 1811 in München uraufgeführt. Elsa Halm ist eine wunderbare Klarinettistin, virtuos. Sie beeindruckte das Publikum mit ihrer Interpretation, die von emotioneller Tiefe und spieltechnischer Präzision, ja Brillanz geprägt war. Das Auditorium tobte und Elsa durfte ohne Zugabe die Bühne nicht verlassen.
Unbeschreibliche Stimme
Darauf folgte das nächste Highlight: Mozarts Arie des Blondchens „Durch Zärtlichkeit“ aus seiner Oper „Die Entführung aus dem Serail“ mit der Koloratursopranistin Johanna Schumertl. Und dann die berühmte Arie „Der Hölle Rache“, der Königin der Nacht aus Mozarts Oper „Die Zauberflöte“, zudem auch sein „Vorrei spiegarvi, oh Dio“ – die als Einschubarie für eine Aufführung von Pasquale Anfossis Oper „Il curioso indiscreto“ 1783 uraufgeführt wurde.
Johanna Schumertl hat eine unbeschreibliche Stimme. Zuhörer, die ihr ganzes Leben sich mit Klassik beschäftigten, konnten nach dem Konzert behaupten, vielleicht höchstens zwei Mal solch ein Sopran gehört zu haben. Denn sie vermag unfassbar hoch zu singen - kristallklar jeden Ton, geschliffen, mehr als drei Oktaven hoch. Mehr als Maria Callas! Und dort oben angelangt, „unter der Sonne“, trillert sie wie eine Lerche und produziert noch ein Spektrum der Obertöne. Absolut spektakulär.
Betörende Darbietung
Und nicht zuletzt, wurde das Auditorium von Pauline Haas Darbietung betört. Der vielfachen Preisträgerin und international arrivierten Harfenistin wurde aufgrund ihres untypischen Spiels und ihrer künstlerischen Kühnheit den Spitznamen „Außerirdische“ verliehen. Sie spielte ätherisch, wirklich „außerirdisch“, klangreich und raffiniert ohne Ende, Claude Debussy‘s „Danses“ für Harfe und Streichorchester - „Danse sacrée“ und „Danse profane“.
Das Publikum jubelte allen Musikern zu, belohnte sie mit stürmischem Applaus und verlangte nach Zugaben. Die auch kamen: Schönheit, die zuversichtlich macht, was die Zukunft unserer Kultur anbetrifft.
Hoffnung, dass Frieden wird
Das neue BSK Extrablatt der Bürgerstiftung: Von der Blüte jüdischen Lebens in Kehl zur Katastrophe – und einer beispielhaften Versöhnungsgeschichte
„Es bleibt die Hoffnung, dass die Terror-Anschläge ein Ende nehmen und Frieden wird!“ So endet die Videobotschaft von Harry Bruchsaler bei der Vorstellung des vierten BSK Extrablatts der Kehler Bürgerstiftung am Sonntag-Vormittag im Kulturhaus mit anschließendem Stadtrundgang. Autor Friedrich Peter hat die Broschüre mit dem Titel „Auf den Spuren der Stolpersteine in Kehl – Erinnerungen an das jüdische Kehl“ Bruchsaler gewidmet.
Das 80-Seiten-Heft im Din-A-5-Format „stellt die Menschen vor, die sich hinter den Stolpersteinen verbergen und führt zu den Orten, denen in diesem Kapitel der Stadtgeschichte eine besondere Bedeutung zukommt“, sagte die Vorstandsvorsitzende der Stiftung, Barbara Tonnelier, bei der Begrüßung. Arie (Harry) Bruchsaler ist ein letzter Zeitzeuge. Er lebt in Ramat Hasharon/Israel und feiert am 21. September dieses Jahr seinen 103. Geburtstag.
Autor Friedrich Peter skizzierte illustriert mit einer Powerpoint-Präsentation die Geschichte der jüdischen Gemeinde Kehl, die eine der jüngsten jüdischen Gemeinden Badens gewesen ist. Nach dem deutsch-französischen Krieg 1870/71 und der Annexion des Elsass durch das Deutsche Reich entwickelte sich Kehl zu einem wichtigen Handelsplatz.
Die zu dieser Zeit deutsche Nachbarstadt Straßburg, der neu entstehende Hafen und der Anschluss an das Eisenbahnnetz zogen viele Menschen an – darunter auch zahlreiche jüdische Familien aus dem Hanauerland. Sie kamen aus Bodersweier, Rheinbischofsheim, Freistett und Lichtenau, und verlegten ihren Lebensmittelpunkt nach Kehl. Sie ließen sich nieder, trugen zum Wiederaufbau der Stadt bei und gründeten 1881 offiziell ihre Gemeinde.
Das zeichnete Karl Britz nach, der sich der Gedenkarbeit in Bodersweier widmet. Für die Dorfchronik zur 1100-Jahr-Feier des Ortes 1984 recherchierte er das „Schicksal der Juden von Bodersweier“, auf dem Gemeindefriedhof in Bodersweier wurde ein Gedenkstein errichtet, wesentlich unterstützt von Hans Nußbaum. Der frühere Stiftungsratsvorsitzende der Bürgerstiftung hat auch Britz’ Buch „Glück, ganz besonderes Glück“ über den bemerkenswerten Überlebenskampf des badisch-elsässischen Ehepaars Jules und Denise Kaufmann im besetzten Frankreich finanziert – zugunsten der Bürgerstiftung.
Die Blütezeit der jüdischen Gemeinde Kehl begann mit der Errichtung einer Religionsschule (1882) und dem Bau der Synagoge (1889). Die jüdischen Kehler waren im Handel tätig, als Arzt, Lehrer präsent und fühlten sich als deutsche Patrioten. Sie waren integriert, engagierten sich im öffentlichen Leben und pflegten ihre religiöse Identität. 1905 zählte die Gemeinde 156 Mitglieder.
Mit der nationalsozialistischen Machtergreifung am 5. März 1933 – markiert durch das Hissen der Hakenkreuzfahne auf dem Rathaus und die Ernennung des NSDAP-Ortsgruppenleiters Alfred Held zum Bürgermeister – begann das systematische Unheil. Arztpraxen wurden boykottiert, Geschäfte geschlossen, Lehrer entlassen, Auswanderungen setzten ein. Die Pogromnacht 1938 markierte einen Wendepunkt: Verhaftungen, Gewalt, Deportationen. Sowohl die Synagoge in Kehl als auch in Bodersweier wurden zerstört. 1940 wurden die letzten jüdischen Bewohner Kehls nach Gurs deportiert, viele später weiter nach Auschwitz. Von den 109 jüdischen Kehlern, die 1933 noch in der Stadt lebten, wurden 64 Opfer des Holocaust.
Die Geschichte endet jedoch nicht mit dem Tod der letzten Opfer. In den 1970er-Jahren hat die Aufarbeitung begonnen. Erste Spuren wurden durch Günter Lehner gelegt. Besonders prägend war der Einsatz von Ilse Noel, die das Lager Gurs überlebte und in Schulen von ihrem Schicksal erzählte. Wie Friedrich Peter berichtete, gelang es ihm, weitere Überlebende wie Fritz Wertheimer, Claus Rosenthal und Harry Bruchsaler zu kontaktieren. Aus diesen Begegnungen entstanden echte Freundschaften – ein Zeichen für gelebte Versöhnung.
Die ersten Stolpersteine des Künstlers Günter Demnig in Kehl wurden 2011 gesetzt. Inzwischen sind es 73 Steine, die an Juden, Zeugen Jehovas und an Menschen, die der Euthanasie zum Opfer fielen, erinnern. Bei einem Rundgang vom Kulturhaus zum Bahnhof ließen Friedrich Peter und Karl Britz Leben und Schicksal der Opfer und ihrer Familien lebendig werden.
2001 lud die Stadt Kehl zu einer großen Versöhnungsbegegnung ein – ein Symbol gelebter Erinnerung. Die Arbeit des „Arbeitskreises 27. Januar“, getragen von Kirchen, Historischem Verein und engagierten Menschen wie der Stadtarchivarin und Museumsleiterin Ute Scherb, Prof. Dr. Kruse und Uli Hillenbrand, Friedrich Peter sowie eben die Verdienste von Karl Britz und seiner Ehefrau Hanna – 2018 mit dem Obermayer Award ausgezeichnet – zeigen: Erinnerung lebt durch Begegnung. Freundschaften über Generationen und Kontinente hinweg sind daraus erwachsen.
Ein weiteres Beispiel dafür ist der heute im Alter von Mitte 70 in Chicago lebende Ethan Bensinger. Ebenfalls per Videobotschaft sagte er, die in Messing gemeißelten Namen verleihen den Opfern Menschlichkeit. „Jeder Stolperstein für sich mahnt: erinnere dich an mich!“
Kehl wurde zu einem Ort des Gedenkens und der Versöhnung. Die Stadt ist heute international als Beispiel für eine ehrliche Erinnerungskultur anerkannt. Die Geschichte mahnt, sie verpflichtet – und sie lebt weiter im Engagement für Menschlichkeit.
Friedrich Peter…
…wird 1946 in Freiburg geboren. Nach dem Abitur und zwei Jahren bei der Bundeswehr studiert er Geschichte und Geografie in Freiburg und Toulouse, später Lehramt an der Pädagogischen Hochschule Freiburg. Ab 1974 unterrichtet er an der Tulla-Realschule Kehl, später leitet er die Robert-Schumann-Realschule in Achern.
Seit den 1980er-Jahren engagiert sich Peter für die Aufarbeitung der jüdischen Geschichte Kehls, hat Ausstellungen organisiert und Kontakt zu Überlebenden und Nachfahren vertriebener Familien gesucht. Höhepunkt ist ein großes Versöhnungstreffen 2001 in Kehl gewesen. Für sein Engagement erhält er unter anderem den Obermayer Award, die Staufermedaille, die Bürgermedaille in Gold der Stadt Kehl und 2024 den Deutsch-Französischen Freundschaftspreis.
Im Ruhestand studiert er an der Uni Freiburg weiter. Friedrich Peter hat vier Kinder, lebt in Kehl und ist der Erinnerungskultur tief verbunden.